How to / Apps mit denen ihr das Klima rettet

Hehre Vorsätze und fiebrige Neujahrswünsche prägen die Silvesternacht und darauf folgenden Tage. Ein Ziel, das in Dingen Nachhaltigkeit manch eine und einer gefasst haben mag: Die persönliche CO2 Bilanz verbessern.

Dieses zu erreichen funktioniert nicht von jetzt auf gleich. Denn mit einem nachhaltigeren Lebensstil ist es ähnlich, wie mit einer Blitzdiät: Radikaler Verzicht führt zu kurzfristigen Erfolgen, endet aber meist in Frustration und selten in langfristiger Umstellung von Gewohnheiten.

Frust lässt sich vermeiden, wenn wir uns realistische Teilziele setzen. Peu à peu nähern wir uns so dem Gesamtziel. Das gilt für die Reduktion von Körpergewicht ebenso, wie für die Verringerung der von uns selbst verursachten CO2 Emissionen.

Und wie nun Theorie in Praxis umsetzen? Einen Diätplan gebe ich euch nicht an die Hand. Dafür aber eine Liste mit hilfreichen Apps und Services, die euch helfen euren persönlichen CO2 Fußabdruck B-E-Q-U-E-M und Schritt für Schritt zu reduzieren. Einige finden sich sicher bereits auf eurem Smartphone!

Reminder: Warum ist CO2 schädlich für das Klima?
CO2 ist ein Treibhausgas und führt bei zunehmender Konzentration in der Atmosphäre zu einer Erwärmung des Erdklimas. Dies liegt daran, dass ein größerer Anteil der Wärmestrahlung der Erde von der Schicht aus Treibhausgasen reflektiert wird. Eine zu hohe Konzentration von CO2 in der Luft kann zu einer dauerhaften globalen Erwärmung führen und unser Ökosystem damit erheblich ins Ungleichgewicht bringen. Unfassbar: Zwischen 1970 und 2004 sind die globalen CO2 Emissionen um 80 Prozent gestiegen. Quelle: Arktik

Mobilität

Die größten CO2 Einsparpotenziale liegen sicher im Lebensbereich Mobiliät (zumindest für Stadtbewohner*innen). Bei der Fortbewegung gilt generell: Zu Fuß und mit dem Rad ist am klimaneutralsten. Es folgen “geteilte” Fortbewegungsmittel, wie Bus und Bahn. Diesen schließt sich die Nutzung von PKWs an. Als Klimakiller unter den Fortbewegungsmitteln sind Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe zu werten. Zum Glück gibt es eine ganze Menge Apps und Services, die euch helfen, eure persönliche Klimabilanz in Dingen Mobilität zu verbessern:

Ressourcen sparen mit Nutzen-statt-Besitzen: Das BMBF-geförderte Forschungsprojekt NsBRess untersucht Ressourceneinspar- und Diffusionspotenziale von Sharing Angeboten, wie das Teilen von Wohnraum, 2nd Hand und Tauschplattformen, Carsharing… usw. Informationen zu diesem spannenden Projekt und ausgewählte Ergebnisse finden sich in der Broschüre “Nutzen statt Besitzen – eine ressourcenleichte Konsumalternative: Mythos oder Realität?” (2017).

Über die Deutsche Bahn App lassen sich Tickets easypeasy buchen und müssen nicht mal ausgedruckt werden. BahnCard Kunden fahren mit 100 Prozent Ökostrom und fördern damit den Ausbau regenerativer Energien. Eine BahnCard50 (255 Euro) lohnt sich im Übrigen schon, wenn man zum Beispiel mehr als zwei Mal pro Jahr von Hamburg nach Berlin und zurück fährt. Und: viele Arbeitgeber übernehmen die BahnCard Kosten, wenn sie im Arbeitskontext eingesetzt werden kann. Kommt es zur Verspätung, zeigt die App gleich auch alternative Zugverbindungen an und erfasst dabei auch den ÖPNV.

Wer als Städter dennoch ein Auto benötigt, um von A nach B zu gelangen, dem sei Carsharing ans Herz gelegt. Hier gibt es meist auch verschiedene Tarife, die dem Fahrbedarf gerecht werden. Heißt: Vielfahrer zahlen mit entsprechendem Vertrag zum Beispiel weniger pro gefahrenem Kilometer als “Sonntagsausflugfahrer”. Die Anbieter variieren von Stadt zu Stadt. Stadtmobil beispielsweise gibt es aber in vielen deutschen Städten. Toll ist, dass man als Stadtmobil Hannover Kunde – wie ich – auch zum Beispiel in Köln oder Hamburg ein Auto leihen kann. Keine App aber quasi Airbnb für Camper ist die Buchungsplattform Paul Camper. Hier kann man Wohnmobile und Camperautos von Privatpersonen mieten. Ich probiere das “Campersharing” übrigens in diesem Sommer aus und habe den T4 einer Familie aus Wolfsburg reserviert!

Unverhältnismäßig viele Minuspunkte auf unserem Klimakarmakonto hinterlassen Reisen mit dem Flugzeug. Warum erfährt man auf Atmosfair, einer gemeinnützigen Klimaschutzorganisation, die aktiven Klimaschutz durch Bilanzierung,Vermeidung und Kompensation von CO2- Emissionen betreibt: Zum Einen durch das “reine CO2, welches immer beim Verbrennen von Benzin oder Kerosin entsteht”. Aber auch “die Bildung von Schleierwolken und Kondensstreifen, der Aufbau vom Treibhausgas Ozon in einem sensiblen atmosphärischen Stockwerk sowie der Abbau von Methan” ist auf den Flugverkehr zurückzuführen.

Über Atmosfair, ebenso wie CO2mpensio, könnt ihr eure Flüge kompensieren. Das funktioniert so: Entsprechend der Flugdistanz wird ein Geldbetrag errechnet, mit dessen Spende ihr Klimaschutzprojekte unterstützen könnt. Für meine letzte Flugreise von Hannover nach Graz (und zurück) habe ich z.B. über CO2mpensio für eine Strecke rund 14 Euro an das Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit (gW/N) gespendet und damit die Pflanzung je eines Baumes im Rahmen eines Aufforstungsprojektes im Norden Äthiopiens finanziert. Einen solchen “Ablasshandel” kann man im Übrigen auch für Autofahrten (oder Kreuzfahrten) betreiben. Zum Vergleich: Die selbe Strecke von rund 1000 km von zu Hause bis nach Österreich hätten mich mit dem Auto jeweils rund 3,70 Euro gekostet.

Für den Fall, dass es innerstädtisch mal nicht Bus, U-Bahn oder Fahrrad tuen, testet VW aktuell in Hannover den Ridepooling-Service Moia – quasi eine Sharingmöglichkeit für Taxis.

Wer ein Auto besitzt und sowohl seine Klimabilanz als auch das Portemonnaie aufbessern möchte, kann Mitfahrer (z.B. über Bla Bla Car) oder Pakete mit CoCarrier transportierten.

Einkaufen

Mit den Leitsätzen Reuse (also dem Wiedernutzen von bestehenden Gütern) und Reduce (dem Reduzieren von Neuanschaffungen) lassen sich in unserem Konsumalltag am Besten Ressourcen und CO2 einsparen. Denn wo nichts Neues produziert wird, wird keine Energie benötigt, wird kein CO2 ausgestoßen. Second Hand Mode finde ich am ehesten auf Kleiderkreisel und verkaufe dort auch gerne meine eigenen Kleiderschrankhüter. Nach Marken- oder Designerteilen aus zweiter Hand suche ich auf Mädchenflomarkt (z.B. diese Aigner Business Bag) und Vestiaire Collective (z.B. diese APC Halfmoonbag). Über die Flomarkt-Apps Shpock und Ebaykleinanzeigen entdeckt man Möbel, Elektronik und Alltagsgegenstände, die neue Besitzer suchen (oder verkauft eigenes blitzschnell).

Über Frents kann man Dinge, die man nur gelegentlich braucht (Klassiker: die Bohrmaschine) kostenlos oder gegen eine erschwingliche Gebühr ausleihen. Oder man nutzt den Service, um vor einer Neuanschaffung von z.B. Werkzeugen, Küchengeräten, Musikinstrumenten, Spielen und, und, und zu testen, ob man ein Produkt wirklich braucht. Als Verleiher kann man so Besitztümer refinanzieren.

Soll es doch etwas Neues sein, empfiehlt sich der Einkauf vor Ort – am Besten lokal und ökologisch produziert. Das spart Versandkosten, und Energie: Zwar nähmen sich stationärer und Versandhandel nichts in Dingen Energiebilanz – allerdings verbrauchten Menschen während des Freizeitzugewinns durch eine Onlinebestellung mehr Energie für Fernsehen oder Computerspiele (nachzulesen hier). Die App Findeling gibt es bisher für die Städte Hamburg, Düsseldorf, Berlin, Köln und München und führt euch dort zu lokalen Einkaufsgelegenheiten für fair und ökologisch produzierte Produkte. Auch Treeday hat eine solche Suchfunktion. Außerdem könnt ihr in der App, die zusammen mit dem BOKU entwickelt wurde, auch euren persönlichen Klimascore tracken.

ERNÄHRUNG

61 Prozent der Lebensmittelabfälle in Deutschland fallen in Privathaushalten an (Universität Stuttgart, 2012). Das sind 6,7 Millionen Tonnen Lebensmittel, deren Rohstoffe zuvor angebaut bzw. aufgezogen, geerntet bzw. geschlachtet, verarbeitet und über die Supermärkte in Privathaushalte transportiert wurden. Das ist nicht nur unethisch, sondern gemessen an den verbrauchten Ressourcen und verursachten Emissionen auch höchst unökologisch. Über Lebensmittelretter*innen habe ich hier schon einmal berichtet. Es gibt auch eine Foodsharing App.

Außerdem steht der Lieferdienst für gerettete Lebensmittel Sirplus in den Startlöchern. Ab Januar sollen Retterboxen ausgeliefert werden, die sowohl Grundnahrungsmittel, süße und herzhafte Snacks sowie Getränke enthalten werden.

LEBENSSTIL

Ebenfalls hohes Ressourceneinsparpotenzial UND Convenience leisten Airbnb und Couchsurfing für das Teilen von Wohnraum. Die Untervermietung von eigenem Wohnraum ermöglicht, ebenso wie Carsharing, die Refinanzierung und gleichzeitig CO2-Ausgleich des eigenen Besitz.

Zuletzt (vorerst!): Die Digitalisierung von Unterhaltungsmedien und On-demand-Services, wie Netflix, Amazon Prime und Spotify, sparen Medienträger (kauft noch wer DVDs?!), sowie Verpackungsmaterial für eben diese. Die Notwendigkeit für zusätzliches Mobiliar für Kassetten und DVDs (und auch Bücher, wer mag) entfällt ebenso, wie X Geräte zum Abspielen der verschieden Medienträger (Besitzt noch wer einem MP3 Player oder Ipod?!).

Und nun: Welche CO2-Einspar-Apps und Services kennt ihr? Welche der genannten nutzt ihr bereits?!