Über 3.000 Kilometer fuhren wir innerhalb von drei Wochen mit einem geliehenen VW Campingbus. Wie (un)ökologisch ist diese Art von Urlaub? Was kostet dieser “einfache” Urlaub? Ein Schulterblick.
Endlich Urlaub! Das Nötigste an Kleidung einpacken, Campingbus im nächsten Stadtteil voll ausgestattet abholen, anschnallen, Urlaub. So stressfrei sind wir in unsere großen Sommerferien gestartet. Vorfreudig auf die zu erlebenden Abenteuer in der (vergleichweise) nahegelegenen Ferne und frei von Flugscham machten wir uns auf den Weg gen Kroatien.
Um mein gutes Gewissen bestätigen zu lassen, bemühe ich nun also einen CO2 Rechner – und bin dann doch gleich doppelt überrascht:
- Eine Tonne CO2 haben wir mit einem VW T6 Campingbus (Diesel, 8 Liter/100 km) entlang der Strecke laut Berechnung von myclimate in die Atmosphäre gepustet. Bei drei Reisenden wären das also je rund 330 kg CO2. Zur Einordnung: 23 Prozent der jährlichen CO2 Emissionen pro Kopf entfallen in Deutschland auf den Verkehr (Quelle: Verkehrsclub Deutschand, 2008). Möchte ich nur 2.000 kg CO2 jährlich verbrauchen – was als Klima-ok-er Verbrauch gilt – wären das also 460 kg, die auf Mobilität entfallen dürften. Unser jährliches Kontingent an “erlaubten Verkehrs-Emissionen” hätten wir also mal eben mit unserer Reise zu über 70 Prozent ausgeschöpft.
- Wären wir in den Strandurlaub nach Dubrovnik mit dem Flugzeug geflogen, würde dies für drei Reisende, Economy, hin und zurück (2.500 km) 1,6 Tonnen CO2-Emissionen gleichkommen. Ja, die Emissionen liegen hier um 60 Prozent höher; der Pro-Kopf-Verbrauch bei 530 kg. Dennoch habe ich einen noch krasseren Vergleichswert erwartet. Statt 25 Euro für unseren tatsächlichen Urlaub “müssten” wir laut MyClimate im Übrigen 36 Euro Kompensationszahlung ableisten – keine wirkliche Abschreckung.
Ökoideale scheint unser Urlaub allein auf Grund des CO2 Verbrauchs durch die Fortbewegung erst einmal nicht zu setzen. Wer wirklich ökologisch von A nach B kommen möchte, muss auf Zug oder noch besser – den Bus – umdisponieren. Unsere Strecke wäre tatsächlich sogar in großen Teilen mit eben jenen Transportmitteln abzufahren gewesen. Fiel mir doch am Königssee ein fettes FlixBus Schild auf! Doch hier kommen wir vom Ideal zur Realität. Und die funktioniert nicht ohne Ehrlichkeit: Übernachten und leben im und aus dem Campingbus ist das Minimum an Komfort, das ich mir für meinen Jahresurlaub wünsche.
Realitycheck
Nach Angaben des Statistischen Amts der EU verursachte im Jahr 2017 jede*r Deutsche im Schnitt 11,3 Tonnen CO2-Äquivalente.Mehr als Mobilität
Neben des Transportmittels nehmen natürlich auch noch andere Faktoren Einfluss auf den Ökofaktor des Urlaubs. Und hier können Camper punkten:
1) Wasser & Ressourcen wertschätzen
Wer Wasser aus dem Kanister und Strom von der Batterie bezieht, merkt schnell, wie viel man im Alltag zu Hause verbraucht, wenn diese Ressourcen unendlich scheinen. Wasserstand im Kanister und Ladebalken bei der Batterie sensibilisieren dafür, wie viele Ressourcen gewöhnliche, bisweilen unbewusste Handgriffe bedürfen. Auf Ecocamping Plätzen weiß man um den Wert einer intakten und sauberen Natur und es wird auf Energie- und Ressourceneffizienz geachtet. Hier erinnern häufig Schilder Wasser sparend abzuwaschen und Müll zu trennen.
2) Müll minimieren
Auch die Nähe zur Natur im Camping Urlaub sorgt für einen Realitycheck. Steht man am Fuße einer imposanten Bergwand oder an einer Meeresklippe, in einem üppigen Wald oder auf einer prächtig blühenden Wiese, erdet das ungemein. Man kommt gar nicht umhin ob der Schönheit der Natur verblüfft zu sein und zu begreifen, dass man selbst nicht der Nabel der Welt ist. Dass es wichtigeres gibt, als so manches, als wichtig geglaubtes Bedürfnis nach Materiellem. Dass es wichtig ist, die erlebte Schönheit zu schützen.
Hat man diesen Erkenntnisprozess erst einmal erlebt, fallen einem die vielen Plastikverpackungen, Dosen und Taschentücher am Wegesrand wie eine persönliche Beleidigung ins Auge. Das ist der Moment, in man – statt sich über “die anderen” zu ärgern – zupacken kann. Wir haben auf unseren Wanderungen immer eine Mülltüte mitgehabt und haben auch “anderer Leute Dreck” mitgenommen. Das kann bisweilen sogar Spaß und zu einigem Lachen führen – warum lest ihr hier.
Um (auch) während des Urlaubs Verpackungsmüll von vornherein einzusparen, gehören wiederbefüllbare Flaschen und Kaffeebecher, Brotdosen, Besteck und Stoffbeutel zur Standardaustattung – Platz im Campingbus findet sich dafür genug!
3) Regional einkaufen und essen gehen
In Restaurants mit regionaler Küche essen, in Hofläden oder am Stand an der Straße das Gemüse und Obst lose kaufen – für das Konsumieren regional erzeugter Lebensmittel und Essen ist der Urlaub mit Campingbus prädestiniert! Das ist nicht nur ökologischer, sondern fördert auch die Wirtschaft vor Ort.
VoN Nachbarschaftshilfe & Vertrauen
Hier leiht man sich ein Werkzeug, dort erhält man Ausflugstipps oder beim Einweisen in den Stellplatz hilft der Platznachbar. Urlaub mit Campingbus ist eine soziale Erfahrung. Auf dem Campingplatz, aber auch abseits davon.
Annekdotisch ein paar Erlebnisse aus Slowenien:
- Auf einem Bauernhof im Süd-Westen überliess man uns am Abend den Zugang zum Haus eigenen Likörkeller. Abgerechnet wurde am nächsten Morgen – natürlich auf Vertrauensbasis.
- Auf einem Hof bei Ljubjana empfing man uns nicht nur mit hauseigenem Apfelsaft und Wein zur späten Stunde, man kredenzte uns ein deftiges Frühstück mit hofeigenen Produkten am Morgen und entließ uns mit einem Zahl was du willst.
- Als wir uns nach einer anstrengenden Wanderung in den Tolmin Gorge in der sengenden Nachmittagssonne entlang der Straße zum Parkplatz schleppten, hupte es plötzlich neben uns. Eine Parkmitarbeiterin hielt und bot uns an uns in ihrem Auto auf dem Weg in den Feierabend ein Stück mitzunehmen. Mir ist lange nicht mehr so viel Freundlichkeit von Fremden begegnet.
Neben Leuten lernt man auch das Land kennen: Man findet sich in Ecken und an Örtchen wieder, an denen man nur deswegen anhält, weil es die Flexibilität des Campingurlaubs erlaubt. Und man mag überrascht werden von den Eigenheiten, Möglichkeiten und Besonderheiten fremder Regionen und Länder und gewinnt – man kann sich dem nicht entwehren – an Toleranz und Offenheit für das Andere. Alleine das unserer Tochter auf einer solchen Reise mitgeben zu können, hat in meinen Augen einen nachhaltigen Effekt.
Billigurlaub? So viel kostet Campingurlaub!
Nachhaltigkeit hat neben der ökologischen und sozialen auch eine ökonomische Dimension. Wie die Kosten für einen Urlaub mit Campingbus 1) ausfallen und 2) zu bewerten sind, lässt sich allerdings nur schwer verallgemeinern. Für eure Orientierung mal die Aufsplittung unserer Kosten:
Zusätzlich zu den in der Grafik aufgeführten Kosten, die sich bei uns auf rund 2.300 Euro verteilt haben, haben wir 2.000 Euro für die Miete unseres Campingbus ausgegeben. Unsere Unterkunft (Tagesmietpreis plus Gebühren für Camping- und Stellplätze geteilt durch 20 Tage) kostete damit rund 120 Euro – durchaus im Bereich einer netten Ferienwohnung oder eines Hotelzimmers, könnte man sagen.
Zeitgleich stecken darin aber bereits ein Großteil der Kosten für unsere An- und Abreise. Plus: Während andere sich mit der Wartung und Unterbringung ihres Autos, Campingbus oder Wohnmobils nach getaner Reise weiterhin plagen müssen, haben wir ganz einfach den Schlüssel abgegeben. Keine weiteren Kosten, Sorgen und Arbeit.
Die Ausgaben für auswärts Essen gehen, kann jeder selbstverständlich minimieren. Wir haben am Eis und Kaffee zwischendurch nicht gespart und waren auch das ein und andere Mal abends auswärts essen. Lediglich den Posten “Raststätten-Ausgaben” bewerten wir weder für uns selbst als kosteneffizient, noch als Region fördernd. Hier waren wir zum Teil einfach bequem und hätten besser planen können.
Fazit
Für uns ist ein Campingurlaub deutlich günstiger als eine Flugreise. Wir wollen im Urlaub “was sehen”, Natur und ein wenig Abenteuer. Das alles käme also für uns ontop auf eine Anreise mit dem Flugzeug. Mit dem Campingbus ist der Weg das Ziel und jeder gefahrene Kilometer birgt die Chance auf ein neues Erlebnis, eine neue Begegnung und eine Erkenntnis. Aktuell ist der Sommerurlaub mit einem geliehenen Campingbus unser Kompromiss aus Klima-Komfort-Preis, den wir bereit sind einzugehen.
Was wir dennoch im nächsten Jahr besser machen könnten: Nicht ganz so weit fahren und länger verweilen. Vielleicht finden wir unter den Leih-Bussen sogar einen mit E-Antrieb statt Diesel. Klar ist: To be continued…